Kundenzentriertes Denken, privates Beteiligungskaptial und Führung - Thera Strietman
Veröffentlicht am: 02 Feb 2024Thera Strietman ist seit 2021 CEO von Pink Gellac, nachdem Sie eine facettenreiche Karriere unteranderem bei Unilever, Colgate-Palmolive, FrieslandCampina und Beiersdorf hatte. „Ich komme ursprünglich nicht aus einer typischen Unternehmerfamilie. Meine Mutter war Lehrerin und mein Vater begann seine Karriere beim Rundfunk und danach war er beim WWF, wurde Direktor von Stage Entertainment und entschloss dann, seinem Herzen im Bereich Naturschutz und Armutsbekämpfung zu folgen. Ursprünglich wollte ich Journalistin werden, aber mich hatte es dann doch woandershin verschlagen. Schließlich habe ich mich für die Kommunikations- und Betriebswirtschaftslehre entschieden. In der Betriebswirtschaftslehre lernt man ein breites und vielseitiges Themenspektrum kennen, von Marketing bis hin zur Logistik. Das passte gut zu meiner journalistischen Neugier, denn ich wollte verstehen, wie die Geschäftswelt funktioniert. Und die gleiche Neugierde gilt jetzt auch für das heutige Verständnis über das Verbraucherverhalten.“
Aktueller Stand bei Pink Gellac
Pink Gellac mit Sitz in Hilversum, Niederlande, ist eine Premium-Nagellackmarke mit einem Direct-to-Consumer-Geschäftsmodell. Die Gründer starteten Pink Gellac im Jahr 2013, weil sie zwei wachsende Trends erkannten: Die Verbraucher drängen auf ein hochwertigeres Erlebnis und sind eher dazu geneigt, in Self-Care-Produkte zu investieren. Seitdem ist das Unternehmen stark gewachsen, sowohl in den Niederlanden als auch international. Aufbauend auf dem Online-Erfolg eröffnete Pink Gellac 2021 seinen ersten Brand Store in den Niederlanden. Inzwischen gibt es acht, darunter drei in Belgien. Heutzutage ist Pink Gellac die führende Gel-Nagellack-Marke in den Benelux-Ländern und bekannt für ihre unverwechselbaren Farben und die Salonqualität. Basierend auf diesem starken Angebot hat Pink Gellac sich eine treue Fangemeinde und Brand-Community aufgebaut.
Thera Strietman
2021-heute: CEO, Pink Gellac
2020-2021: Sales Director Jumbo & Albert Heijn, Unilever
2017-2020: Verschiedene Interimspositionen, u.a. bei Reckitt Benckiser, Friesland Campina und Colgate
2007-2016: Verschiedene Interimspositionen u.a. Traineeship, Marketing & Sales Manager, Beiersdorf
2004-2007: MSc, Marketing Management, Erasmus Universität
2000-2004: Integrated Communication Management, Utrecht
Warum haben Sie sich überhaupt für Konsumgüter entschieden?
„Der Verbraucher stand schon immer im Mittelpunkt meines Interesses. Es fasziniert mich herauszufinden, was unsere Entscheidungen beeinflusst. Während meines Studiums wurde dies sehr konkret und es gab eine Reihe an Kursen, die sich dem Thema widmeten. Also ist mir im Laufe meines Betriebswirtschaftsstudiums bewusst geworden: Ich möchte in diese Richtung gehen! Es drehte sich alles um die Verbraucherzentrierung, was mich sehr fasziniert hat, und um die Beeinflussung des Konsumentenverhaltens. Darüber hinaus gab es zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zu anderen Disziplinen eine beträchtliche Menge an Daten. So konnten wir uns ein klares Bild davon machen, wie wir im Wettbewerb abschneiden und wie sich der Markt zukünfig entwickeln wird. Die Kombination dieser beiden Elemente – den Verbraucher an die erste Stelle zu setzen und Daten für Markteinblicke zu nutzen – hat die Konsumgüterindustrie für mich besonders attraktiv gemacht.“
Hatten Sie die Freiheit, Ihre Entscheidungen selbst zu treffen?
„Wenn man meine Eltern vor 20 Jahren gefragt hätte, was ich machen würde, hätten sie wahrscheinlich vor allem gehofft, dass ich mein Abitur machen würde. Ich war in der Schule sehr in soziale Aktivitäten involviert, wie z.B. im Prüfungs-Stunt-Komitee und im Abschlussball-Komitee, aber meine akademischen Leistungen waren in der High School nicht gerade auffällig. Erst als ich aufs College ging, entwickelte ich immer mehr Ehrgeiz und beschloss, weiter zu studieren. Ich hatte den starken Drang, zu beweisen, dass ich das Zeug dazu habe.“
“Ich war schon immer von Neugier getrieben, sowohl bei der Studienwahl als auch bei meinem beruflichen Werdegang.”
Wie wird die Konsumgüterindustrie in 10 Jahren aussehen?
„Ich glaube es wird mehr Platz für kleine Marken mit einem klaren Angebot geben. Natürlich wird es immer Platz für große Marken geben, aber ich denke das Spielfeld wird sich dynamischer gestalten. Ich sehe auch eine klare Verschiebung hin zu mehr Direktvertrieb. Die Kunden kaufen ihre Produkte am liebsten direkt an der Quelle. Das muss nicht nur digital sein, es kann auch physisch sein, aber mit einem zunehmenden Fokus auf zunehmenden Komfort und Nachhaltigkeit. Die Technologie wird dabei eine Rolle spielen, aber es kann auch bedeuten, dass die Kunden weniger abhängig von der Post sein wollen und mehr lokal vor Ort einkaufen wollen. Pink Gellac zum Beispiel hat als Webshop begonnen, aber inzwischen haben wir auch acht erfolgreiche physische Läden. Obwohl wir in erster Linie ein Webshop geblieben sind und fest an die Macht der Digitalisierung glauben, spielen unsere Läden eine wichtige Rolle. Sie bieten die Möglichkeit von einer persönlichen Beratung und es wird ein einigartiges Einkaufserlebnis kreiert, das online manchmal nur schwer zu vermitteln ist. Ich glaube, dass dieser hybride Ansatz weiterhin relevant sein wird. Und unser Konzept beweist das heute.“
Sie haben umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen Unternehmen gesammelt. Hat sich der vorherrschende Führungsstil im Laufe der Zeit verändert?
„Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass sich der Führungsstil von einem direktiven zu einem eher integrativen-unterstützenden Stil entwickelt hat. Mein oberstes Ziel als Führungskraft war es schon immer, meine Teammitglieder zum Strahlen zu bringen, indem ich ihnen die Unterstützung biete, die sie brauchen, um ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Mein Führungsstil konzentriert sich darauf, Unterstützung zu bieten und mein Fachwissen zu nutzen, um anderen zu helfen, wo ich nur kann.
In meiner derzeitigen Position sehe ich, dass es einen stärkeren Bedarf an praktischer Führung gibt. Dies ist vor allem deshalb der Fall, weil unser Unternehmen schnell wächst und wir nur dann neue Mitarbeiter einstellen, wenn die Arbeitsbelastung zu groß wird. Infolgedessen muss ich manchmal meine ursprüngliche Rolle erweitern und auf eine Weise eingreifen, die in großen Unternehmen weniger üblich ist. Ich bin stark in das Geschäft und die Zahlen eingebunden und verstehe, was die Kunden bewegt. Ich lese zum Beispiel täglich Kundenrezensionen und bin eng in die Kundeninteraktionen eingebunden. Das ist ein wesentlicher Aspekt meiner Führungsrolle.“
Was hat Sie bei Ihrer Berufswahl angetrieben?
„Nach meinem Studium wollte ich für eine Verbrauchermarke arbeiten, es war eine Welt, von der ich ein Teil sein wollte. Ich hatte eine Auswahl von Unternehmen getroffen, die mich interessierten. Bei Beiersdorf hatte ich die Möglichkeit, ein Praktikum zu absolvieren und meine Abschlussarbeit zu schreiben. Am Ende bin ich elf Jahre dort geblieben, weil ich weiter lernen und wachsen konnte. Im Nachhinein denke ich, dass die Möglichkeit des stetigen Lernens und die Freude an der Arbeit mich immer weiter angetrieben hat, auch bei meiner späteren Berufswahl. Manchmal konzentrieren sich die Leute einfach zu sehr auf das Endziel und die Schritte dorthin, ohne darauf zu achten, was ihnen wirklich Spaß macht, worin sie sich weiterentwickeln wollen und was sie aktuell einfach nur unglaublich gut können. Ich war schon immer pragmatisch, aber ich bin auch ein Perfektionist. Das ist manchmal eine Herausforderung. Ich kann einen Schritt von eins auf vier machen und mit diesem Fortschritt zufrieden sein, aber gleichzeitig weiß ich, dass wir noch nicht fertig sind. Und das Letzte bleibt oft am meisten im Gedächnis hängen. Deshalb bringe ich mir jetzt selbst bei, zuerst den erreichten Schritt zu benennen und danach das Gesamtbild darzustellen. Man kommt Schritt für Schritt voran, es ist eine Reihe von Erfolgen. Bei Pink Gellac passiert das oft: Wir beschließen, etwas zu tun, und dann muss etwas gebaut werden. Man muss wirklich nur einen ersten Schritt machen und von dort aus weitergehen.“
Pink Gellac befindet sich im Besitz des Private-Equity-Investors Vendis. Wie sieht diese Dynamik aus?
„Die Arbeit in einem Private-Equity-Umfeld war für mich anfangs ungewohnt. Ich dachte – fälschlicherweise – vor allem an den Fall V&D, wo der Investor ein Unternehmen mit einem großen Kredit einkauft und diesen Kredit mit den Gewinnen des Unternehmens zurückzahlt. Wenn diese Gewinne aber nicht vorhanden sind, hat man sofort ein Problem. Es gibt aber auch ganz andere Investoren, wie z. B. Vendis, die sich auf Unternehmen konzentrieren, die besonders stark und schnell wachsen können. Sie sind Investoren mit einer langfristigen Vision, und das macht wirklich Spaß. Die Zusammenarbeit war aber auch eine Lernerfahrung für mich – denn es ist manchmal eine Herausforderung zu verstehen, wo die Verantwortung des Investors beginnt und wo sie wiederum endet. Ich versuche, ein Gleichgewicht zwischen Beteiligung und Distanz zu finden, und prüfe manchmal, ob ich sie einbeziehen soll oder nicht. Es geht vor allem um eine offene Kommunikation und darum, zu verstehen, was wir voneinander erwarten können.“
“Nur wenn man das tut, was einem wirklichen Spaß macht, kann man alles geben, um seinen Job erfolgreich zu meistern. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.”
Wofür sind Sie dankbar?
„In meiner beruflichen Laufbahn hatte ich das Glück, dass meine Vorgesetzten mein Engagement und meine Leistungen anerkannten und wertschätzten und mir die Freiheit gaben, Bereiche zu erkunden, die mich interessierten. Diese Freiheit hat mich ermutigt, das zu tun, was ich liebe, und mich in die Richtung zu entwickeln, in der ich gut bin.“
Welchen Ratschlag für die Karriere würden Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
„Das Wichtigste ist, dass man das tut, was man liebt und was einen beruflich glücklich macht. Deine Interessen und Leidenschaften sollten dich bei deinen Entscheidungen leiten. Nur dann kann man seinen Job unglaublich gut machen und das Beste aus sich herausholen. Außerdem ist es wichtig, sich nicht von den Erwartungen anderer leiten zu lassen, sei es in Bezug auf Reichtum, Prestige oder andere externe Faktoren. Deshalb möchte ich meinen Kindern vermitteln, dass es wichtig ist, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, die man heute machen möchte, und nicht nur ein langfristiges Ziel vor Augen zu haben. Nur wenn sie etwas tun, das sie glücklich macht und ihnen Energie gibt, können sie wirklich das beste daraus machen. Und das kommt ihrem langfristigen Wachstum und ihrer persönlichen Entwicklung nur zugute.
Natürlich ist es mir auch wichtig, meinen Töchtern zu zeigen, dass Mutterschaft (genauso wie Vaterschaft) sehr wohl mit einer Vollzeitbeschäftigung kombiniert werden kann. Sie haben die Wahl, das möchte ich Ihnen ermöglichen.“
Drei Tipps von Thera Strietman von Pink Gellac:
1. Bleibe stets neugierig.
2. Trauen Sie sich, mit Menschen in Kontakt zu treten – so bauen Sie wertvolle interne und externe Beziehungen auf.
3. Konzentrieren Sie sich nicht auf langfristigen Ambitionen, sondern wähle den Job, der jetzt Begeisterung bringt – nur dann können Sie wirklich über sich hinauswachsen und die beste Version Ihrer selbst sein.