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Das Agenturmodell in den Zeiten des Überangebots - Franz Wimmer
Veröffentlicht am: 14 Mrz 2024Experteninterview mit Franz Wimmer
Als Executive Search-Unternehmen mit einem hybriden Beratungsansatzpflegt Top of Minds Kontakt zu gestandenen Experten diverser Branchen. Managing Partner Oliver Tonnar durfte kürzlich ein Interview über das Agentur-Modell im Automobil-Vertrieb in der akuten Ära des Überangebots“ mit Partner Franz Wimmer von Intellegam führen. Mit dem Wechsel vom Vertragshändlermodell zum Agenturmodell erhoffen sich einige Hersteller Vorteile durch die Einsparungen in den Vertriebskosten und eine bessere Preisdurchsetzung. Am Ende sollen Einsparungen im Bereich von ca. 2% herauskommen, die das Profitabilitätsproblem der xEVs dämpfen sollen. Ein schmaler Grat.
Seit Januar 2024 ist Franz Wimmer Partner beim KI-Startup Intellegam, das individuelle SaaS Lösungen für KI gestütztes Wissensmanagement für Vertrieb und Marketing anbietet. Vorher arbeitete er unteranderem in der Funktion als Vice President Sales und Marketing bei VinFast Europa und hat auch über 18 Jahre an Berufserfahrung in der Automobilbranche bei der BMW Group sammeln können. Bei TekCor4 hat Franz Wimmer letztes Jahr erfolgreich das Automotive Aftersales-Geschäft von S&P Global übernommen – und als ergebnisorientierte Führungskraft mit Erfahrungen im Marketing und Vertrieb, gestaltete er zielgerichtete prädiktive Marketinglösungen und Leistungsanalysen, um das Automotive Aftersales-Geschäft anzukurbeln.
Franz Wimmer
2024-heute: Partner, Intellegam
2023: Chief Revenue Officer, TekCor4
2022-2023: Vice President Sales and Marketing, VinFast Deutschland
2022-2023: Vice President Sales, VinFast Europe
2003-2021: Berufserfahrung in der Automobilbranche, BMW Group
Und was bedeutet das für den Handel?
„Der Agent hat weniger Ertragschancen aber auch weniger Risiken. Während ein Vertragshändler 20% und mehr vom Hersteller für den Vertrieb der Neufahrzeuge erhält, liegt er im Agenturmodell bei 6-8%. Der Vertragshändler trägt das Vermarktungs- / Lagerrisiko, so dass aus den 20% auch mal ein Verlust entsteht. So klingen 6% durchaus verlockend, vor allem wenn der Agent auch weniger Verpflichtungen hat wie z.B. Rechnungsstellung, Gewährleistungsabwicklung und Logistik. Zudem erhält er z.B. eine Provision für eine abgeschlossene Probefahrt.”
Welche Herausforderungen und potenziellen Auswirkungen muss ein Hersteller in Betracht ziehen, wenn er das Agenturmodell in Zeiten des Überangebots implementiert?
„Es kommt einiges an neuen Aufgaben auf den Hersteller zu, wie z.B. der Unterhalt der Probefahrtflotte, die Marketingkosten inkl. CI im Schauraum, Anpassung des Geschäftsmodells und der Vertriebssteuerung. Neue Systeme und Prozesse sind notwendig, um z.B. individuelle Kampagnen und Angebote zu erstellen, oder Gewährleistungsprozesse auf Einzelkundenebene vorzuhalten. Weiterhin muss der Hersteller ein neues Steuerungssystem implementieren, um den Transparenzpflichten des Herstellers gegenüber dem Agenten nachzukommen. Das größte Risiko für den Hersteller sehe ich bei der Vorfinanzierung der Fahrzeuge. Jedes Fahrzeug bleibt bis zum Verkauf an den Endkunden im Eigentum der Hersteller. Der Hersteller muss neue Mechanismen entwickeln mit dem Lagerdruck bzw. das Lagerrisiko umzugehen.”
Welche Aspekte bleiben unverändert oder konstant gegenüber dem Vertriebhändler?
„Weder die Gesetzmäßigkeiten des Marktes (Preis-Absatz-Funktion) noch die Lageroptimierte (Just-in-Time) unflexible Produktionsmethode hat sich geändert. Bei Überangebot wird in der Regel mit Preismaßnahmen reagiert, um das Volumen im Markt zu platzieren. Mit Ausnahme der Phase der Chipkrise, gibt es ein Überangebot in der Automobilindustrie. Betrachtet man die in den letzten Jahren entstandenen Produktionskapazitäten in Deutschland, USA und China, ist mit einer Zuspitzung der Situation zu rechnen. Somit wird es immer wichtiger seine Kunden individuell zu kennen, um maßgeschneiderte Angebote zu erstellen. Das kann der Vertragshändler bedingt und der Hersteller gar nicht.”
Was ändert sich wiederum?
„Es werden einige Aufgaben vom Handel zum Hersteller verschoben und die Hersteller hoffen diese kostengünstiger erledigen zu können als der Handel. Der Hersteller verliert sein bekanntes und vertrautes Vertriebssteuerungssystem. Im Vertragshändlermodell hat der Hersteller das vereinbarte Volumen an die Händler ausgeliefert und fakturiert. Lagerrisiken sind hier vom Vertragshändler zu lösen, ebenso sind die Rabatte / Kundenvorteile (mit wenigen Ausnahmen) von der Händlermarge zu finanzieren.
Nicht selten mit Verlust für den Vertragshändler. Im Agenturmodell verschiebt sich das Risiko Richtung Hersteller. Der Agent kann sich darauf verlassen, dass der Hersteller handeln wird, wenn die Lagerbestände überhandnehmen. Im Zweifel mit Preismaßnahmen (per Gießkanne – das ändert sich nicht), da die Produktion nach wie vor kaum auf Veränderungen der Marktnachfrage reagieren kann und die Hersteller noch nicht in der Lage sind echte individuelle Angebote entlang einer individuellen Preis-Absatzfunktion zu erstellen.“
Können Sie anhand dieser Beobachtungen ein Fazit darüber ziehen, welche Auswirkungen das Agenturmodell im Vergleich zum Vertragshändlermodell haben könnte?
„Mein Fazit ist, dass das Agenturmodell sehr gute Chancen hat zu scheitern. Das zu lösende Problem ist die Profitabilität. Also müssen die Kosten runter bzw. der Transaktionspreis rauf. Ob das Agenturmodell die Kosten senken kann, wird sich zeigen. Ich bezweifle es, da die neue Aufgabenteilung viel Komplexität und
Risiken birgt.
Der Transaktionspreis ist keine Frage ob der Kunde einen ‚Vom Hersteller Empfohlenen Angebotspreis‘ oder einen ‚Vom Hersteller bestimmten Fixpreis‘ angeboten bekommt. Der Markt macht die Transaktionspreise aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage und an Angebot wird es nicht mangeln.”
Top of Minds ist Pionier in der Suche nach Führungskräften mit globaler Präsenz. Unsere internationalen Executive-Search-Dienstleistungen konzentrieren sich darauf, den richtigen Kandidaten für die Kultur, den Auftrag und die Strategie des jeweiligen Arbeitgebers zu finden. Mit Niederlassungen in den Niederlanden, Deutschland und Spanien verfügen wir über eine
starke Präsenz in der internationalen Personalvermittlung – vorallem in der Besetzung von Positionen mit Central Functions (Finance, HR, Tax & Legal) und Commercial Functions (Sales, Marketing, Business Development).
Unser Konzept: Wir kombinieren die Direktansprache von Zielkandidaten mit einem individuell auf Sie abgestimmten Employer Marketing Konzept. Zur „Anwerbung“ nutzen wir keine Stellenbeschreibungen mit einer langen Liste von Tätigkeiten und Anforderungen. Stattdessen nutzen wir die Kraft des Storytellings in der Ansprache ausgewählter KandidatInnen. Hierbei
geht es um die Vermittlung der Kernwerte oder Attribute eines Unternehmens und das Aufzeigen der interessanten Herausforderungen einer offenen Stelle. Auf diese Weise holen wir potenzielle Kandidaten dort ab, worauf es ankommt: Die richtige Attitüde.
Wie bereits schon im Interview deutlich wurde, erlebt die Automobilbranche eine umfassende Transformation, die neue Technologien und Geschäftsmodelle hervorbringt. Unternehmen werden zu Mobilitätsanbietern und benötigen dafür die richtigen Talente. Obwohl die Branche mit Umsatz und Tradition punktet, sind Veränderungen durch Digitalisierung und Elektrifizierung deutlich spürbar. Deutsche Autobauer wie Volkswagen, Daimler und BMW sowie weltweit führende Zulieferer wie Bosch, ZF oder Continental sind im deutschen Markt zu Hause und bieten nichtsdestotrotz vielfältige Karrieremöglichkeiten für kreative Köpfe und Branchenkenner. Top of Minds, als erfahrene Personalberatung im Bereich Mobility & Automobile, besetzt erfolgreich Schlüsselpositionen in Marketing, Vertrieb, Strategie und Business Development für Unternehmen in der Automobilindustrie.